Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Krankenhausreform(Krankenhausreformanpassungsgesetz – KHAG)
Melanie van Wavern | Veröffentlicht am |
Der Referentenentwurf des KHAG verfolgt laut BMG das Ziel, die praktische Umsetzung des im Dezember vergangenen Jahres von der Vorgängerregierung verabschiedeten KHVVG zu „erleichtern“ beziehungsweise zu „verbessern“. Inwieweit die geplante Verschiebung der Vorhaltevergütung um ein Jahr, die Schaffung zahlreicher Ausnahmeregelungen, die Streichung der Leistungsgruppen 16 und 47 (spezielle Kinder- und Jugendchirurgie und spezielle Kinder und Jugendmedizin) und anderer geeignet sind dieses Ziel zu erreichen, erscheint dem Netzwerk Berufe im Gesundheitswesen im Hinblick auf die Zielsetzung des KHVVG, die stationäre Versorgung der Patientinnen und Patienten zu sichern und zu verbessern, jedoch zweifelhaft.
Die Erreichung dieses Ziels kann nur gelingen, wenn auch alle an der stationären Gesundheitsversorgung beteiligten und notwendigen Berufsgruppen einbezogen und abgebildet werden. Der vorliegende Referentenentwurf gewährleistet dies nach wie vor nicht.
Anbei die Stellungnahme des Netzwerkes BiG zu den einzelnen Abschnitten, die aus unserer Perspektive zu überarbeiten sind:
Artikel 1 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
Nr. 3 § 135e (Leistungsgruppen)
Die gemäß § 135e Abs. 1 SGB V in Leistungsgruppen einzuteilenden Leistungen der Krankenhausbehandlung berücksichtigen weder Therapieberufe (insbesondere Heilmittelerbringer) noch die Berufe der Medizinischen Technologinnen und Technologen im Gesundheitswesen. Aufgeführt sind nur (Fach-) Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegeberufe. Dies zeigt, dass die therapeutischen und medizinisch- diagnostischen Berufe, die in der Krankenhausversorgung einen unverzichtbaren Beitrag leisten, nicht im hinreichenden Maße mitbedacht werden.
Dies ist vor dem Hintergrund von § 135e Abs. 1 Satz 2 des Referentenentwurfes („Die nach Satz 1 Nummer 2 festgelegten Qualitätskriterien sollen den aktuellen Stand der medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen und zu einer leitliniengerechten, qualitativ hochwertigen und für Patienten sicheren medizinischen Versorgung beitragen.“) nicht schlüssig.
Die in § 135e Abs. 1 Nummern 2 und 3 formulierte sachliche und personelle Ausstattung, spiegelt sich in den in § 135e Absatz 4 genannten Leistungsgruppen nur unzureichend wider, da in der personellen Ausstattung relevante Gesundheitsberufe nicht berücksichtigt sind.
a.)
So sind in entsprechenden medizinischen Leitlinien zur Versorgung, therapeutische und diagnostische Leistungen verankert, welche in den entsprechenden Leistungsgruppen nicht abgebildet sind, z.B.:
•
Akutversorgung nach Schlaganfall (AWMF Reg 030 – 046) und Schlaganfall (AWMF-Reg. 053-011) / Leistungsgruppe 46, Anlage 1 zu § 135d SGB V bzw. Leistungsgruppe 26.2 gem. Krankenhausplan Nordrhein-Westfalen 2022, Anhang 1.
•
Weaning (AWMF Reg 020-015/ Leistungsgruppe 6, Anlage 1 zu § 135d SGB V bzw. Leistungsgruppe 5.1, komplexe Pneumologie, Krankenhausplan Nordrhein-Westfalen 2022, Anhang 1
•
Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes (AWMF Reg nvl-001) / Leistungsgruppe 2, Anlage 1 zu § 135d SGB V bzw. Leistungsgruppe 5.1, komplexe Pneumologie, Krankenhausplan Nordrhein-Westfalen 2022, Anhang 1
b.)
im Fall der MT-Berufe (MTL, MTR, MTF) erfordert die aufgeführte sachliche Ausstattung gemäß den Vorgaben zu Vorbehaltstätigkeiten des § 5 MTBG die Durchführung durch die MT-Berufe, um eine qualitative und patientensichere Leistungserbringung zu gewährleisten. Die ausnahmsweise Durchführung der Vorbehaltstätigkeiten durch andere Gesundheitsberufe (mit Ausnahme solcher mit abgeschlossener Hochschulausbildung) erfordern die Aufsicht und Verantwortung einer ärztlichen Person. Dies ist vor dem bestehenden Fachkräftemangel auch in der Ärzteschaft zu bedenken. Auch besteht in anderen Gesundheitsberufen Fachkräftemangel (z.B. im Beruf der MFA), so dass der Einsatz von anderen Gesundheitsberufen zur Leistungserbringung in den Vorbehaltstätigkeiten unter Aufsicht und Verantwortung einer ärztlichen Person nicht zielführend ist. Aus diesem Grund sind auch die MT-Berufe gemäß ihren Vorbehaltstätigkeiten in der personellen Ausstattung zu berücksichtigen. Die Existenz der geforderten sachlichen Ausstattung für z.B. Laboranalysen (MTL), bildgebende Diagnostik (MTR) und neurologische Funktionsdiagnostik (MTF) zieht nicht automatisch das Vorhandensein der MT-Berufe nach sich. Diese sind jedoch aus Gründen der Patientensicherheit und zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung erforderlich.
Entsprechend sind zur Gewährleistung der hochwertigen Versorgungsqualität auch diese Berufsgruppen sowohl in die Planung der Leistungsgruppen und als auch in der Umsetzung einzubeziehen und darzustellen.
1. § 135 Abs. 3 (Ausschuss)
Hieraus folgt zwingend, dass die maßgeblichen Berufsorganisationen der besagten Berufsgruppen auch in den Ausschuss gemäß § 135e Abs. 3 der Entwurfsfassung aufzunehmen sind. Die -sehr zu begrüßende- Berücksichtigung der Berufsorganisationen der Pflegeberufe greift mit Blick auf die Bedeutung der Therapieberufe und Technologen im Gesundheitswesen für die Versorgung zu kurz. Deren Nichtberücksichtigung gefährdet eine qualitativ hochwertige und leitliniengerechte Versorgung, da ein wichtiger Bereich der Patientenversorgung schlicht übersehen wird und deren Fachexpertise ungenutzt bleibt. Die Berücksichtigung aller in der Krankenhausversorgung relevanten Gesundheitsberufe, gebietet überdies auch der Gleichbehandlungsgrundsatz. So dürfen andere betroffene Gesundheitsberufe nicht vom demokratischen Prozessgeschehen des Ausschusses ausgeschlossen werden. Die Berücksichtigung allein in der Kommission für Personalbemessung nach § 137n SGB V greift zu kurz, um die notwendige Personalausstattung zu gewährleisten, da diese lediglich empfehlenden Charakter hat und bestehende Strukturen unterstützt. Eine Nichtverankerung dieser Professionen im Ausschuss bewirkt eine Stagnation der fachlichen Weiterentwicklung der Leistungsgruppen für diese Berufsgruppen.
Die tabellarische Leistungsgruppenaufstellung wird einer tatsächlich erforderlichen personellen Ausstattung von therapeutischen und medizinisch- diagnostischen Leistungen nicht gerecht. Das Netzwerk BiG hat diese daher bereits im Gesetzesentwurf zum KHVVG ergänzt, um die Relevanz dieser Berufsgruppen im Rahmen der Vorhaltekosten bei der Krankenhausplanung und ihrer Leistungen sichtbar zu machen.
Heidemarie Büchner und Uta Köpcke
Sprecherin des Netzwerkes BiG und stellvertr. Sprecherin des Netzwerkes BiG
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